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Berlins neue interaktive Ausstellung ninetiens berlin. Foto: Ingo Paszkowsky

Ausstellung: Berlin in den 90er Jahren

10 Minuten Lesezeit

Dieser Sommer ist warm. Das Wetter verlockt gerade dazu, seine Freizeit im Freien zu verbringen. Im Café, im Biergarten, am Wasser oder besser im Wasser. Wenn Sie sich in Berlin dennoch eine Ausstellung ansehen wollen, dann besuchen Sie nineties berlin in Berlins Mitte. Sie wurde gerade eröffnet und versetzt Besucher/-innen zurück in das Berlin der 90er Jahre – lässt sie den Mythos „Berlin“ auf einzigartige Weise erleben.

(Keine Zeit zum Lesen? Am Ende des Beitrags finden Sie eine kurze Zusammenfassung.)

Geschichte entdecken

Das Interesse an Berlin und seiner Geschichte ist ungebrochen – nineties berlin gibt Einblicke in ein Kapitel der jungen Geschichte der deutschen Hauptstadt: die Zeit direkt nach der Überwindung der deutsch-deutschen Teilung. Die Ausstellung eignet sich aufgrund der abwechslungsreichen Gestaltung und der unterschiedlichen, vertiefenden Informationsebenen perfekt für Menschen mit unterschiedlichen Vorkenntnissen. Der exklusiv für nineties berlin entwickelte Guide Bot macht auf dem eigenen Smartphone zahlreiche Informationstexte und historische Bilder zugänglich und ist ein integraler Bestandteil des Ausstellungskonzepts.

nineties berlin versetzt Besucher/-innen zurück in das Berlin der 90er Jahre und lässt sie den Mythos „Berlin“ auf einzigartige Weise erleben. Foto: Ingo Paszkowsky
nineties berlin versetzt Besucher/-innen zurück in das Berlin der 90er Jahre und lässt sie den Mythos „Berlin“ auf einzigartige Weise erleben. Foto: Ingo Paszkowsky

Berlin entdecken

Die Ausstellung zeigt das Jahrzehnt nach dem Fall der Mauer, in dem Berliner/-innen und Menschen aus der ganzen Welt neue Freiräume nutzten, sich eine einzigartige Clubkultur entwickelte und sich das Leben in der einst geteilten Stadt rasant veränderte. Besucher/-innen tauchen in das turbulente Stadtleben ein und erfahren, wie sich Berlin zu dem entwickelte, was es heute ist: eine pulsierende Partystadt, das Zentrum der deutschen Politik, eine Metropole der Kreativität.

Multimedial entdecken

nineties berlin nutzt zahlreiche multimediale Installationen, um Besucher/-innen ein eindrückliches Ausstellungserlebnis zu bieten und ihnen die einmalige Geschichte der 90er Jahre in Berlin zu vermitteln: Eine 286 Quadratmeter große Leinwand, 13 Stelen mit Zeitzeug/-innen-Interviews und vieles mehr sind exklusiv für nineties berlin entwickelt worden und ergänzen die Installationen sowie die klassisch musealen Informationstexte.

Ausstellungsaufbau und Kuratorenzitate

Raum 1: „Heartbeat of Berlin“ (12 Quadratmeter)

Der dunkle Eingangstunnel erinnert an einen langen Clubeingang und stimmt Besucher/-innen auf nineties berlin ein. Die tiefen Bässe sind nicht nur zu hören, sondern auch zu spüren. Sie stehen symbolisch für den Herzschlag Berlins und wecken eindrücklich ihre Neugier auf die Ausstellung.

Raum 2: „Berlin Island“ (410 Quadratmeter)

270 Grad, 55 Meter Länge, 5,20 Meter Höhe: Der Film zieht Besucher/-innen in das Thema der 90er Jahre in Berlin hinein. Größer, lauter und überwältigender als erwartet sind sie mitten im Geschehen. Sie finden sich in der Nacht des Mauerfalls wieder, bestaunen den verhüllten Reichstag und erleben im nächsten Moment die Loveparade. Originale Foto- und Videoaufnahmen sowie der Soundtrack zum Jahrzehnt laden Besucher/-innen dazu ein, auf Entdeckungsreise auf dem Modell der „geteilten Insel“ Berlin zu gehen, Grenzen zu überschreiten und Neues zu erleben. Dort finden Besucher/-innen auch Fotos, die die DDR-Grenztruppen 1988/89 von der Berliner Mauer anfertigten. Sie dokumentierten den damaligen Ist-Zustand der Sperranlagen rund um West-Berlin, den Mauerstreifen zwischen der sogenannten „Grenzmauer 75″ (der eigentlichen Mauer) und der sogenannten „Hinterlandmauer“, der äußeren Begrenzung des Todesstreifens.

nineties berlin stellt 13 Punkte auf dem Todesstreifen zwischen Ost und West vor, von denen heute so gut wie keiner an die Situation vor 1989 erinnert.


Fotostrecke nineties berlin


Raum 3: „Berlin Heads“ (207 Quadratmeter)

Mit dem Fall der Berliner Mauer am 9. November 1989 entstanden in der vormals geteilten Stadt Freiräume, die Menschen aus Ost, West und der ganzen Welt nutzten. 13 Interviews mit Zeitzeug/-innen (mehr in Planung) erwarten Besucher/-innen auf überlebensgroßen Video-Stelen. Sie alle kommen persönlich zu Wort und leihen nineties berlin ein besonderes historisches Objekt, um ihre Geschichten zu verbildlichen. Die integrierten Soundduschen ermöglichen es, sich frei zwischen den verschiedenen Protagonist/-innen zu bewegen. Jeder Film ist in verschiedene Themen unterteilt. So können Besucher/-innen individuell entscheiden, welche thematischen Schwerpunkte sie setzen möchten.

Michael Geithner, Kurator des Raums „Berlin Heads“:

„Die Besucher/-innen erleben, wie durch ein überlebensgroßes Puzzle, ein neues, ein vielschichtiges Bild Berlins. Durch die persönlichen Stimmen werden die 90er Jahre so erfahrbar als wäre man selbst dabei gewesen. Dabei sind Perspektiven aus West und Ost gleichermaßen abgebildet.“

„Die 90er Jahre sind wirklich vorbei und werden auch nicht wiederkommen. Die Zeitzeug/-innen sind wie Zeitreisende aus einem fernen Jahrhundert. Sie sprechen zu uns, geben uns einen Eindruck davon, was Berlin mal war, wofür es sich heute und in Zukunft einsetzen muss. Sie alle verbindet am Ende ihre (Hass-)Liebe zur Stadt.“

„Berlin hat ein Identitätsproblem: Es ist nicht mehr arm und es ist auch nicht mehr sexy. Viele Jahre prägten die niedrigen Lebenshaltungskosten, die bunte Alternative Szene im Zentrum und die Partys an ungewöhnlichen Orten die Stadt. All das gibt es kaum noch und falls doch, befindet es sich im Überlebenskampf.“

Raum 4: „Feel the Wall“ (325 Quadratmeter)

Die Überwindung der SED-Diktatur durch die Friedliche Revolution war ein Erfolg, der am Tag des Mauerfalls weltweit sichtbar wurde. Das Symbol einer Diktatur wurde nun von den Menschen und Mauerspechten aus Ost und West erobert. Besucher/-innen können es ihnen nachmachen und originale Mauerteile erklimmen, auf ihnen Fotos machen und das Bauwerk der Trennung unmittelbar erleben. Sie erfahren, wie es zum Mauerbau kam, was mit der Mauer nach 1989 passierte und warum sie heutzutage in Berlin kaum noch Mauerteile im Stadtbild finden.

Sören Marotz, Kurator des Raums „Feel the Wall“:

„Berlin war seit 1945 Brennpunkt des Ost-West-Konflikts. Ohne das Verständnis dieser besonderen Situation wäre die Entwicklung in den 90er Jahren nicht möglich. Es ist somit unumgänglich, die Mauer in ihrer Komplexität und vollen Größe für die Besucher erfahrbar zu machen.“

„Die Mauer war und ist das Symbol der deutschen Teilung während die Friedliche Revolution und der Mauerfall 1989 in der ganzen Welt zum Symbol der Überwindung der SED-Diktatur wurden.“

„Der Blick zur Mauer hinauf, aber auch der von der Mauer hinunter hinterlassen einen bleibenden Eindruck. Historisches Vorbild waren die Aussichtsplattformen mit Blick über die Mauer nach Ost-Berlin. Diese waren in den 28 Jahren, in denen die Mauer stand, eine Attraktion für alle West-Berlin-Besucher.“

Raum 5: „Fear the Wall“ (60 Quadratmeter)

Zwischen 1961 und 1989 starben an der Berliner Mauer 140 Menschen. Doch die Zahl allein sagt wenig. Jedes Opfer bekommt an der Mauer des Gedenkens seinen Namen und die durch die Staatsmacht der DDR gewaltsam ausgelöschte Biografie zurück. Nicht alle Mauertoten fanden ihr Ende im Kugelhagel der Maschinenpistolen. Viele ertranken in den Grenzgewässern, andere stürzten in den Tod. Doch in jedem Fall stand dahinter die unmittelbare Drohung, die in den Gewehrläufen der Kalaschnikows lag. Die Waffen stehen in unserer Installation als Symbol für die Unmenschlichkeit der Mauer.

Dr. Stefan Wolle, der Kurator des Raums „Fear the Wall“:

„Die Kalaschnikow ist das gegebene Symbol für die Mauer. Trotz gewisser Lockerungen im Alltag war die DDR gezwungen, die Menschen am Weglaufen zu hindern. Sperren waren nur effektiv, wenn der Versuch, sie zu überwinden, mit der Drohung verbunden war, erschossen zu werden.“

„Viele Menschen, insbesondere die Angehörigen der Opfer, waren über die milden Strafen für die „Mauermörder“ empört. In der Regel erhielten sie eine Jugendstrafe von ein bis zwei Jahren auf Bewährung. Trotzdem sprachen andere von einer „Siegerjustiz“, die rückwirkendes Recht geschaffen habe.“

„Die Hauptschuldigen für die Mauertoten waren nicht die Soldaten am unteren Ende der Befehlskette, sondern die Mitglieder der Entscheidungsgremien der DDR. Wir portraitieren auch diejenigen Grenzsoldaten der DDR, die während der Ausübung ihres Dienstes deswegen an der Mauer zu Tode kamen.“

„Die Nennung der Namen und die kurzen Biografien geben den Toten ihre Individualität zurück. Aus einer statistischen Zahl werden Menschen, deren Schicksal an der Mauer zerbrach.“

„Das abstrakte Wissen über die Mauer wird bei der Auseinandersetzung mit den ganz unterschiedlichen Schicksalen lebendige Realität. Wir hoffen, diese Botschaft an die Besucher von nineties berlin weitergeben zu können.“

nineties berlin - Raum 5: „Fear the Wall“. Foto: Ingo Paszkowsky
nineties berlin – Raum 5: „Fear the Wall“. Foto: Ingo Paszkowsky

Raum 6: „Lost Berlin“ (162 Quadratmeter)

Die Zentren der Berliner Underground- und Techno-Bewegung sind im Labyrinth versteckt und stehen sinnbildlich für eine inzwischen weltweit bekannte Berliner Musik- und Clubkultur. In insgesamt sechs Sackgassen sind Touchscreens angebracht und laden, begleitet von originaler Musik, in den Technoclub „Tresor“ in einer ehemaligen Stahlkammer des Kaufhauses „Wertheim“, in das Kunsthaus „Tacheles“, das bis 2012 ein Hotspot der alternativen Kunstszene war, oder den „Eimer“, der 1990 in einem besetzten Haus in Ost-Berlin gegründet wurde, ein.

Informationen zu den Institutionen, u.a. über das bereits zu DDR-Zeiten beliebte „Jugendradio DT64“, durch das die Moderatorin Marusha nach der Wende schnell zum Star wurde, und über das Technomagazin „Frontpage“, sowie Bilder aus der Zeit vertiefen und kontextualisieren die Eindrücke. Auch die „Tekknozid-Partys“, die für ihre besonders harten elektronischen Klänge bekannt waren, spielen im Labyrinth eine Rolle.

Ein besonderes Highlight: Aus der Vogelperspektive kann die bauliche Entwicklung der unmittelbaren Umgebung und des Kiezes in den 90ern, 2000ern und heute auf digitalen Karten betrachtet werden. Besucher/-innen sehen im Zeitraffer, wie Berlin stetig zu einer europäischen Metropole heranwuchs. Am Ende des von den Künstlern Stefan Schilling und Gustav Sonntag gestalteten Labyrinths wartet in einem verspiegelten Raum eine interaktive Sound-Maschine mit allen Hymnen der Loveparade und lässt Besucher/-innen selbst zum DJ werden.

Jörn Kleinhardt, Kurator des Raums „Lost Berlin“:

„Die Loveparade in Berlin stand für Weltoffenheit, Toleranz, Jugendkultur und gelebte Freiräume. Berlin erlebte einen Imagewandel von der grauen Maus zur Partymetropole. Bis in die frühen 90er Jahre war die Stadt in den Köpfen der Menschen geteilt, die Mauer war allgegenwärtig. Plötzlich war Berlin bunt, jung und stylisch.“

„Locations wie der „Tresor“, der „Eimer“ oder das „Tacheles“ machten Berlin aus! Heute gibt es nur noch den „Tresor“, allerdings an einem anderen Ort. Gentrifizierung, politische Entscheidungen und Meinungsverschiedenheiten sorgten dafür, dass diese Orte verschwanden.“

„Kunst in Berlin ist ehrlicher, rauer und bodenständiger als woanders. Die Künstler Stefan Schilling und Gustav Sonntag lebten und arbeiteten im „Tacheles“. Ihre Graffitis bringen Authentizität für die Zeit und den Ort mit. Das übertragen sie auf die Wände von nineties berlin.“

„Shop the Nineties“ (130 Quadratmeter)

Grelles Neon, grinsende Smileys, wummernder Techno – Die 90er Jahre in Berlin waren bunt, frei und einzigartig. Wer die eigenen Erinnerungen auffrischen will, findet bei „Shop the Nineties“ über 2.000 Ikonen und Symbole dieses besonderen Jahrzehnts. Manche sind bekannt, manche werden überraschen. Über den Köpfen der Besucher/-innen schwebt ein besonderer Drachenkopf, der gleichzeitig das letzte Exponat von nineties berlin ist. Der originale, einst feuerspeiende Drachenkopf begleitete die international gefeierte deutsche Band Rammstein auf ihrer „Sehnsucht“-Tour 1997 durch die ganze Welt.

Zusammenfassung

Die Erlebnisausstellung nineties berlin versetzt Besucherinnen und Besucher auf 1500 Quadratmetern zurück in das legendäre Berlin der 90er Jahre. Die Ausstellung eröffnet am 4.8.2018 um 10 Uhr in der Alten Münze in Berlin-Mitte und wird täglich von 10 – 20 Uhr geöffnet sein.

Titelfoto / Berlins neue interaktive Ausstellung ninetiens berlin. / Foto: Ingo Paszkowsky

Weitere Informationen

nineties berlin

Alte Münze Berlin


­Einige Fakten zur Ausstellung

Adresse:
nineties berlin, Alte Münze, Molkenmarkt 2, 10179 Berlin-Mitte

Laufzeit:
4. August 2018 – 28. Februar 2019

Öffnungszeiten:
Montag bis Sonntag, 10 – 20 Uhr
kein Ruhetag

Eintrittspreis:
Erwachsene: 12,50 € (online 11,25 €)
ermäßigt: 8,50 € (online 7,65 €)

Webseite:
www.nineties.berlin

Betreiber:
DDR Kultur UG, Karl-Liebknecht-Str. 1, 10178 Berlin-Mitte

Kuratoren:
Michael Geithner
Jörn Kleinhardt
Sören Marotz
Dr. Stefan Wolle

Größe der Ausstellung:
6 Ausstellungsräume, 1500 Quadratmeter
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